DAS DRITTE BILD Claudia Larissa Artz Ulla Bönnen Thomas Kemper Wolfgang Lüttgens

Claudia Larissa Artz

Die Malerei von Claudia Larissa Artz zeichnet sich aus durch ihre außergewöhnliche Farbigkeit. In ihrer Helligkeit vorwiegend kühl und metallisch, zeigen sich die Farben in der Tiefe auch erdig und warm. Durch eine Vielzahl von Tonbrechungen entsteht ein nuancenreicher, energetischer Farbraum, der fremdartig, aber gleichzeitig magisch anziehend wirkt; ein Lichtraum ähnlich dem einer klaren Mondnacht. Der Farbauftrag, häufig in kurzen Pinselstrichen gesetzt, hat ein breites Spektrum von flüssig bis trocken. Ob lasierend oder nur als Abrieb, ist er immer durchlässig und hält die Tiefe des Bildraumes auf lebendige Weise offen.

 

Eingebunden in diese komplexe Farbigkeit sind geometrische Formen, die sich zu harmonisch und rhythmisch wiederkehrenden Strukturen weiterentwickeln. Sie schweben auf wechselnden Ebenen durch den Farbraum, werfen Schatten, versinken, brechen ab und tauchen unerwartet in aller Klarheit wieder auf. Einige konzentrieren sich zu formstrengen Kompositionen, andere vernetzen sich im steten Fließen kleinster Veränderungen. Von der Anlage her symmetrische Muster verschieben sich hin zum Asymmetrischen, öffnen sich, werden brüchig und verlöschen. Es zeigen sich Umkehrungen und Spiegelungen, faszinierend dadurch, dass sich gleichzeitig alles und nichts ändert. Spiralförmig zentrierte Formen entwickeln einen Sog nach innen. Andere drängen zum Rand des Bildes und scheinen sich darüber hinaus fortzusetzen. Einige ruhen dennoch gelassen in sich selbst.

 

Jedes Bild findet sein ganz eigenes Spannungsverhältnis zwischen Farbe und Form, Offenheit und Verdichtung, Bewegtheit und Ruhe. Bei aller Komplexität erscheint diese erstaunliche Malerei in ihrem Ausdruck elementar und pur. Alles an ihr zeugt von einem großen Selbstverständnis und bleibt dennoch unergründlich. Sie zeigt Prozesse des Werdens und Vergehens und schenkt dem Betrachter die Freiheit der Deutung.

 

Thomas Kemper 2014

Ulla Bönnen

In der Erinnerung an ihre Arbeiten sehe ich als erstes Fotografien vor meinen Augen. Aber sie sind nur Bestandteil komplexer Arrangements, Objektkästen oder Installationen. Die für diese Collagen verwendeten, Fundstücke, Möbelfragmente, Fotografien und zahlreiche andere Bildmaterialien, sowie eigene Zeichnungen und aufgebrachte Texte verschmelzen trotz ihrer Unterschiedlichkeit zu einer neuen Einheit.

 

Begriffe, wie beispielsweise Sammlung, Schiff aber auch materielle Qualitäten sind Thema Ihrer Auseinandersetzungen. Es geht aber nicht um eine kausale und logische Erläuterung.
Ulla Bönnen betrachtet diese Begriffe eher in einer Art Gleichzeitigkeit, jedoch aus unterschiedlichen Richtungen. Mittels unterschiedlichsten collageartigen Verknüpfungen und Überlagerungen werden diese dann verdichtet bzw. erweitert und lösen eine Auseinandersetzung mit Themen wie Bewegung, Zeit und Raum aus.

 

Oft geht etwas Narratives von Ihren Werken aus, das sich aber einer Eindeutigkeit entzieht. Ulla Bönnen  führt ihre künstlerischen Auseinandersetzungen in einer sinnlich, poetischen Sprache. Sie umkreist Themen, die sich mit Reisen und Wohnen aber auch Erinnern beschäftigen. Möbelstücke oder deren Fragmente, Repräsentanten des häuslichen Wohnens, werden mit Fotografien der Außenwelt zusammengebracht. Der behütete Raum einerseits und die unbekannte, große, weite Welt auf der anderen Seite?! Eine Beschäftigung mit dem Innen und  Außen, die jedoch offen und immer ein wenig geheimnisvoll bleibt.

 

Ulla Bönnen geht diesen Dingen in ihrer eigenen Art und Weise auf den Grund, ohne letztendlich dort ankommen zu wollen. Sie spielt mit der Bedeutung von Begriffen und den Eigenschaften/Eigenarten von Materialitäten. Sie betrachtet sie von allen Seiten um dichter an etwas Übergeordnetes heran zukommen. Und lädt die Dinge gleichzeitig mit einer gewissen  Rätselhaftigkeit auf. Ulla Bönnens collageartige Verknüpfungen heben die einzelnen Gestände aus der Alltäglichkeit heraus und lassen sie mich aus einem anderen, besonderen Blickwinkel betrachten, der ihre ursprünglichen und ihnen eigenen Qualitäten in ein neues Licht rückt.

 

In „Frames“ beispielsweise, um der Bedeutung des eben Genannten auf die Spur zu kommen, werden Bilderrahmen zweckentfremdet und Teil eines komplexen Arrangements. Kurz lässt mich die Arbeit mit ihren an Schnittmengen erinnernden Überlagerungen an Mondrians Bilder denken. Dann deutet die Installation einen architektonischen Grundriss an und erinnert an Möbel-Fragmente. Oft schwingt in diesen Arbeiten eine gewisse nostalgische aber respektvolle Reminiszenz an etwas Wohlkomponiertes oder -Konstruiertes mit. Letztendlich bleiben die verwendeten Rahmen dann doch was sie sind, wie auch der Titel schon sagt.

 

Andere Arbeiten scheinen sich mit Erinnerungen und Reiseerlebnissen auseinander zusetzen. In „wooden“ sieht man in einen hölzernen Objektkasten das Foto einer Baumlandschaft, vor der die Abbildung eines  ausgeschnitten Kanus montiert ist. Oberhalb des Kanu, scheinbar schwebend, befindet sich ein trockenen Blatt. Stellt dieses Blatt eine Hängematte dar und verweist so auf die nicht sichtbaren Benutzer des Bootes, die sich auf einer Flussfahrt befinden? Oder verweist es, wie das Kanu und der hölzerne Kasten selbst auf seinen Ursprung, dem Holz von Bäumen, die man ja in dem Foto ebenfalls sieht? Das lässt sich nicht so genau klären. Die schmale Glasscheibe davor könnte das Thema Wasser assoziieren, vielleicht aber auch Distanz schaffen, wie bei musealen Dioramen. Es sind rätselhafte Verknüpfungen, Schichtungen und Wiederholungen, die Themen wie Sammlung, oder wie im oben beschriebenen Fall „wooden“, erkunden und ausloten . Bei mir lösen sie auch immer eigene Erinnerungen und Assoziationen aus.

 

„Lean on waves“ Ein Stück Stoff (grün, gestreift) ist hinter einer an der Wand lehnenden Glasscheibe drapiert, auf der ein Glasbaustein liegt. Auf dem Glasbaustein sind rückseitig Wellenlinien gemalt, die das Streifenmotiv des Stoffes aufnehmen. Im gläsernen aber verschwommenem Durchblick überlagern sie den eingeklemmten Streifenstoff. Grafisch und plastisch wird die Assoziation an Wellen evoziert. Der rätselhafte Titel bestätigt dies. Der gestreifte Stoff lässt mich an Sommer und Meer denken. Aber was soll nun die Scheibe, frage ich mich und erwarte eigentlich keine eindeutige Antwort.

 

Wolfgang Lüttgens 2014

Gedanken zu den Arbeiten von Thomas Kemper Farbe im Raum – minimal

Beeindruckend, mit wie wenig bewusst gesetzter Farbe Thomas Kemper  ein neues Gefühl für Raum entwickelt, fast spielerisch oder zufällig auf den ersten Blick, doch dann erfasse ich die sehr konzentrierte, genau bedachte Auswahl des Ortes für die kleinen auf Plexiglaskörpern gemalten monochromen Bilder. Die Bildgrößen variieren, wobei das Grundformat immer ein Quadrat (10 x 10cm) ist.  Diese erscheinen zunächst unpersönlich, ohne Handschrift und erst durch das längere Verweilen, das genaue Hinsehen, nehme ich die unzähligen sorgfältig aufgebrachten Öllasuren wahr, die wenn das Bild vollendet ist, eine eigene Farbe mit unglaublicher Tiefe gebildet haben. Sie leuchten klar von Innen heraus, wie die Farben alter Meister, die durch die Lichtbrechung der vielen Ölschichten ihre Tiefe erhielten.

 

Diesem langsamen Wachsen der Farbe, der konzentrierten Suche nach dem richtigen Ort im Raum, verbunden mit einem sich entwickelnden nicht sichtbaren Raster in diesem, liegt eine gewisse Dauer von Zeit zugrunde, die der Betrachter gleichfalls braucht um die Werke in ihrer Ganzheit zu erfassen. Die Bilder im Raum verändern sich stetig durch das Wandeln des Lichtes, das durch das Plexiglas von der Tiefe einzudringen scheint. Dieser Prozess, das alles im Werden, im Sein und gleichzeitig Vergehen ist, lassen mich die Arbeiten immer neu erleben.

 

Thomas Kempers Haltung gegenüber der Malerei und seiner  Arbeitsweise fühle ich mich sehr verbunden.

 

Claudia Larissa Artz 2014

Zu den Arbeiten von Wolfgang Lüttgens

Was mir auffällt:

Linien und Flächen
sublime Strenge in poetischen Farben
Zartheit
Grenzen
Tropfen und Verläufe
Schnitte / Kanten
Serien und Reihungen
Gegenständliches erscheint aus dem Nichts

 

Was ich erkenne:

Helligkeit
Räume, reale und imaginäre
Abstraktion in dezenter Präzision
Feinheit
flach und räumlich
minimale Gesten
Ausschnitte und Fragmente
Zusammenfügen von Möglichkeiten

 

Was mir einfällt:

genaues Hinschauen ist erforderlich
Impulse aus dem Alltäglichen in freie Bezüge überführen
Musik Sampler
spielerische Reaktionen und Gegenreaktionen

 

Ulla Bönnen 2014